Ein einheimischer Exot

Die Stechpalme (Ilex aquifolium) ist ein immergrüner Laubbaum, der auch im Winterhalbjahr seine Blätter behält. Die welligen und mit Stacheln besetzten Blätter entsprechen auch nicht unbedingt dem, was viele Menschen als typisch für einen mitteleuropäischen Baum bezeichnen würden. Die Stechpalme, auch geläufig unter ihrem Gattungsnamen Ilex, verbinden die meisten Menschen eher mit einem strauchähnlichen Gewächs. Und genau hierbei handelt es sich um eine weitere interessante Eigenschaft dieser Pflanze. Sie kann nämlich in unterschiedlichen Wuchsformen auftreten. Zum einen als Baum, der bei uns bis zu 15 m hoch werden kann, oder eben in der aus Gärten und Parks bekannten Gestalt mit eher niedrigem Wuchs. Welche Form der Baum annimmt, ist übrigens abhängig von den Lichtverhältnissen.
Doch wie sieht es um die Herkunft der Stechpalme aus? Man geht davon aus, dass diese Art schon vor über zwei Millionen Jahren auf dem europäischen Kontinent wuchs, der damals allerdings deutlich wärmer war als heutzutage. Obwohl das Klima kälter wurde, wurde die Stechpalme nie völlig aus Europa verdrängt. Erdgeschichtliche Kaltzeiten überstand sie, wie so mancher Urlauber, im eher milden Klima der Iberischen Halbinsel. Dies erklärt auch ihr heutiges Verbreitungsgebiet, denn Ilex aquifolium kommt vor allem dort vor, wo die Winter relativ mild und die Sommer nicht allzu trocken sind. Daher zählen Westeuropa von der Iberischen Halbinsel bis zur Südwestküste Norwegens, also überall dort, wo das Klima noch vom Atlantik beeinflusst wird. Auch am Schwarzen Meer, dem Kaukasus und in Nordafrika ist die Art zu finden. In Deutschland ist die Verbreitung vom Klima abhängig. Während der Jahresbaum 2021 auf Standorten unter einer schützenden Baumschicht durchaus heimisch ist, ist es südlich einer gedachten Linie Odermündung-Saarland oft zu kalt und zu trocken. Anders ist die Situation in Großbritannien und Irland, wo atlantische Einflüsse für gute Wachstumsbedingungen sorgen.

…der vom Menschen profitiert

Als der Mensch in der Jungsteinzeit sesshaft wurde und Teile der Wälder für seinen Ackerbau nutzte, profitierte auch die Stechpalme von dieser „Umgestaltung“. Durch mehr Licht am Boden wurden die Wachstumsbedingungen für den Baum günstiger. Da auch Vieh in die Wälder getrieben wurde, welches sich nur allzu gerne die schmackhaften Triebe anderer Baumarten schmecken ließ, profitierte der Jahresbaum 2021 in doppelter Hinsicht. Seine Blätter waren durch die Stacheln weitgehend vor dem Verzehr durch Weidetiere geschützt. Gewissermaßen ohne Konkurrenz konnte die Stechpalme leichter wachsen und auch leichter zum Baum werden. Mit dem Ende der Waldweiden ist heute allerdings die Strauchform deutlich häufiger anzutreffen. Ob der Klimawandel die Verbreitung des Baumes beeinflussen wird, bleibt abzuwarten. Eine Ausbreitung nach Norden konnte allerdings in den letzten Jahrzehnten beobachtet werden, was einen Zusammenhang zwischen wärmerem Klima und der Ausbreitung der Art naheliegt.

Stachelige Weihnachten?

Die immergrünen Zweige galten in der Vergangenheit als beliebte Weihnachtsdekoration. Besonders im Verlauf des 19. Jahrhunderts führte dies zu einer starken Nachfrage nach Zweigen der Stechpalme, der zu einem regelrechten Raubbau führte. Schließlich wurden in den 1920er-Jahren erste Verbote zum Schutz der Pflanze erlassen. In Deutschland stehen wildwachsende Stechpalmen seit 1935 unter Schutz, heute übrigens geregelt in der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV). Es gibt jedoch auch Länder, in denen die beliebten Zweige extra für die Weihnachtszeit auf Plantagen gezüchtet werden. Vor allem in Großbritannien und in den USA spielt die Stechpalme daher nach wie vor eine Rolle als Dekoration.

Die leuchtroten Früchte der Stechpalme wachsen auf Bäumen mit weiblichen Blüten. Die schön anzusehenden roten Kugeln mit einem Durchmesser zwischen 7 und 10 mm bilden sich allerdings nur dann aus, wenn auch männliche Blüten in der Umgebung existieren, denn die Stechpalme ist eine sogenannte zweihäusige Pflanze. Dennoch sind die Früchte ein charakteristisches Merkmal der Art und daher auch auf künstlerischen Darstellungen häufig zu sehen.

Verwendung

Die Stechpalme nimmt in der Reihe der Jahresbäume schon deshalb eine besondere Stellung ein, da sie, von der Verwendung als Schmuck- und Ziergehölz abgesehen (s. o.), eine eher untergeordnete forstwirtschaftliche Bedeutung hatte. Das Holz wurde früher gelegentlich als Furnier oder für Intarsien genutzt, es gilt als dichtes und schweres Holz. Der Zauberstab von Harry Potter soll aus einem Ast einer Stechpalme bestehen, ebenso der Spazierstock von Goethe. Durch den Schutzstatus und die Seltenheit des Baumes scheidet eine Verwendung der in der Natur vorkommenden Stechpalmen als Nutzholz allerdings aus. Vielmehr gilt dieser immergrüne Farbtupfer im Wald als eine Art, die besonders gefördert werden sollte.

Vielleicht ist es die Summe seiner ungewöhnlichen Eigenschaften, die den Jahresbaum 2021 so exotisch wirken lässt. Ein Hingucker ist diese Art auf jeden Fall.

Baum des Jahres 2021 - Merkmale der Europäischen Stechpalme:

Merkmal Ausprägung
Höhe als Strauch bis 5 m, als Baum bis 10 m, selten bis 15 m
Höchstes Alter 270 bis 500 Jahre (geschätzt)
Blätter 6-8 cm lang, mit Stacheln besetzt
Früchte Steinfrüchte, reif 7-10 mm breit und leuchtend rot
Rinde junge Triebe sind grün, später grau-glatt

Quellen:

  • Baum des Jahres - Dr. Silvius Wodarz Stiftung, Dr. Rudolf Fenner: Die Europäische Stechpalme (Faltblatt)
  • https://www.lwf.bayern.de/stechpalme
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Stechpalme
  • https://www.baum-des-jahres.de/stechpalme/

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